Antonis Schwarz beantwortete Fragen über seine “Grassroots” Bewegung Vouliwatch in Griechenland. Er gibt uns einen Einblick in seine Organisation, über die Stimmung in Griechenland während des Referendums und was der Einzelne tun kann, um diejenigen zu unterstützen, die nun unter den Sparmaßnahmen der Troika leiden.
acTVism Munich (aTV): Antonis Schwarz. Danke, dass Sie heute unsere Fragen beantworten. Wir bei acTVism Munich versuchen inspirienden & lösungsorientierten Initiaven eine Platform zu bieten. Bevor Sie von Ihren Erfahrungen aus Griechenland berichten, was genau ist Vouliwatch?
Antonis Schwarz (AS): Vouliwatch ist eine Plattform, die sehr ähnlich wie Abgeordnetenwatch.de funktioniert. Bürger können auf Vouliwatch.gr öffentlich griechische Abgeordnete und EU Abgeordnete befragen und verfolgen, wie diese im Parlament abstimmen. Zusätzlich ermöglicht die Website seinen Besuchern auf einfache Art und Weise die Parteiprogramme der griechischen Parteien zu vergleichen. Unter Anderem organisieren wir auch öffentliche Diskussion zu brennenden Themen mit Politikern und Vertretern aus der Zivilgesellschaft und haben einen Blog, der über die wichtigsten Ereignisse in der griechischen Politik neutral informiert. Kurz gesagt, Vouliwatch fördert Rechenschaftspflicht, Transparenz und mehr Bürgerbeteiligung.
aTV: Wie haben Sie,seit dem Start von Vouliwatch im März 2014 , die griechische Bevölkerung praktisch unterstützen können?
AS: Zunächst einmal versuchen wir Politik zugänglicher zu gestalten. Unsere Website besitzt einen Abschnitt wo die Funktionsweise des griechischen Parlaments auf einfache Art und Weise erklärt wird. Viele Bürger kennen auch zum Beispiel ihre Abgeordneten nicht. Auf unserer Website hat jeder Politiker eine Biographie wo man die wichtigsten Daten nachlesen kann. Außerdem sind wir die einzige Website in Griechenland auf der ein öffentlicher Dialog mit Volksvertretern möglich ist. Des Weiteren sind wir ebenfalls die einzige Quelle für die Abstimmungsergebnisse der einzelnen Abgeordneten. Unsere Events bieten außerdem die Möglichkeit direkt dringende Fragen mit Abgeordneten zu besprechen.
aTV: Wie war die bisherige Resonanz und wie schätzen Sie die Rolle von Organisationen wie der Ihren ein? Glauben Sie maßgeblich zum Erfolg der Partei Syriza beigetragen zu haben?
AS: Die Resonanz war sehr gut, dies lag aber auch an den politischen Umständen. So fanden zwei Monate nach unserem Start die Europawahlen statt. Im Januar 2015 fanden dann nationale Wahlen statt, die erneut sehr viele Besucher auf unsere Website geführt hat, da man auf unserer Website während der Wahlperiode auch Kandidaten öffentlich befragen kann. Unserer Organisation ist überparteilich aktiv und an keine Partei gebunden. Mittlerweile haben wir eine Medienpartnerschaft mit der Huffington Post was auch zu unserer Popularität beigetragen hat.
aTV: Das Ziel von Vouliwatch ist es Transparenz innerhalb Regierungen, den Dialog zwischen Bürgern und Politikern, und die Verantwortlichkeit von gewählten Volksvertretern zu fördern. Seit Sie Vouliwatch im März 2014 gegründet haben hatten Sie die Möglichkeit beide Parteien, New Democracy und Syriza, als Regierungspartei zu beurteilen. Welche der Beiden Parteien hat besser abgeschnitten was Transparenz, Dialogfähigkeit und Verantwortlichkeit betrifft?
aTV: Wie haben Sie persönlich die Stimmung in Athen während und nach dem Referendum empfunden ?
AS: Die Stimmung vor dem Referendum war unglaublich angespannt. Es wurde sprichwörtlich eine ganze Gesellschaft gespaltet. Man fühlte sich an Geschichten vom griechischen Bürgerkrieg zurückerinnert wo die Kommunisten gegen die Royalisten gekämpft hatten. Glücklicherweise war das Ergebnis ein klares Nein. Bei einem Ja wäre die Regierung gefallen und wir wären noch tiefer ins Chaos gestürzt. Natürlich war das Nein auch ein klares Signal gegen das alte korrupte System und ein lautes Ja nach mehr Demokratie. Nach dem Referendum haben die Leute das Ergebnis sehr gefeiert, teilweise unabhängig davon ob die Leute selber mit Ja oder Nein abgestimmt hatten. Sehr erfreulich war auch der Rücktritt von Ex-Premierminister Antonis Samaras, der bis vorgestern noch Vorsitzender der Rechtskonservativen Nea Dimokratia war. Jetzt setzt jedoch die große Unsicherheit ein, da unsere Wirtschaft am Boden ist und die Kapitalkontrolle effektives Wirtschaften unmöglich machen.
aTV: Was kann der Einzelne in Deutschland tun um die Bevölkerung in Griechenland zu unterstützen?
AS: Zum einen kann man auf das Thema Schuldenpolitik und das Scheitern der Austeritätspolitik aufmerksam machen, durch Veranstaltungen, durch Gespräche mit Bekannten oder durch Petitionen. Zum anderen kann man spenden sammeln für Organisationen, die sich im Rahmen der humanitären Krise in Griechenland engagieren. Eine solche Organisation ist Boroume, die die Verteilung von überschüssigem Essen an wohltätige Einrichtungen in ganz Griechenland koordiniert.
aTV: Wie können unsere Leser Vouliwatch unterstützen?
AS: Vouliwatch ist sehr auf Spenden angewiesen. Unter folgendem Konto können Sie uns unterstützen:
IBAN: GR5601401100110002320016560
BIC: CRBAGRAA
Sie können auch per Paypal spenden. Über eine Unterstützung würde wir uns sehr freuen.
aTV: Danke für Ihre Zeit!
AS: Gerne!
Antonis Schwarz ist deutschgriechischer Herkunft und lebt zwischen München und Athen. Er studierte European Studies am King’s College London und anschließend Management in Madrid.
Zusammen mit weiteren Mitstreitern gründete er Anfang 2014 Vouliwatch.gr, einen griechischen Ableger von Abgeordnetenwatch.de. Als Aktivist setzt er sich für mehr Transparenz und Bürgerbeteiligung in der griechischen Politik ein. Er interessiert sich ebenfalls für das Thema Impact Investing.
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